Persönlichkeit, Emotionen und der Umgang damit

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Die Psychologen sagen, dass eine Persönlichkeit sich im Laufe der ersten Jahre herausbildet und dann weiter entwickelt. Dabei sind die frühen Erfahrungen entscheidend.

Und wie geht es dann weiter. Hierzu Silvia de Vries (Psycholgin und Therapeutin):

Beziehungserfahrungen werden zu innerer Struktur und bilden Erwartungen, Handlungsschablonen und Interaktionsformen.
Bedeutsame Aspekte der Persönlichkeit zeigen sich in den individuellen Erlebens und Verhaltensmustern (Schemata), die kaum durch Willensanstrengung oder Einsichten veränderbar sind, sondern langfristig über „korrigierende emotionale Erfahrungen“.

Aha. Also wenn sich erstmal meine Verbindungen im Gehirn stabil gebildet haben, dann ist meine Persönlichkeit und mein Verhalten auch stabil. Auch das, was nicht wirklich hilfreich ist. Auch wenn ich verstehe, dass mein Verhalten nicht wirklich sinnvoll ist, kann ich es kaum ändern. Oder doch? „Korrigierende emotionale Erfahrungen“, sagt Frau de Vries. Das was also über Emotionen aufgebaut wurde, kann auch über Emotionen verändert werden. Das macht Sinn.

Sammeln wir dir Möglichkeiten:

  • Ich habe eine Einsicht, die mich tief emotional berührt und die ich immer wieder abrufen kann, wenn eine Situation auftaucht, die mich in eine ähnliche emotionale Lage bringt, wie vor der Einsicht. Nur, dass ich jetzt anders handeln kann.
  • Ich erkenne ein frühes Muster oder einen alten Glaubenssatz, dem ich heute keinen Glauben mehr schenke. Das erschüttert mich (Emotion) und ich hebe ihn auf oder ersetze ihn durch einen Neuen (auch emotional).
  • Ich beobachte, wie andere Menschen in gleichen Situationen handeln. Das fasziniert mich, berührt mich und ich versuche es selbst und mache so neue Erfahrungen.

Wie wir oft hoffen, dass es funktioniert: Ich lese in einem Buch oder höre in einem Podcast etwas, das bei mir eine Erkenntnis auslöst (Aha-Erlebnis). Meinem Kopf erscheint es sofort logisch und ich möchte gern danach handeln (Wille). Doch in der nächsten Situation reagiere ich auf mein Gefühl und habe die Erkenntnis vergessen. Oder ärgere mich, wenn ich mich erinnere, dass ich nicht danach gehandelt habe (Emotion: der alte Ärger).

Im Beispiel ist also nicht das Gefühl im Vordergrund, sondern Logik und Wille. Vielleicht plagt mich dann das schlechte Gewissen, allerdings ist dieses Gefühl der Schuld wenig brauchbar um sich weiterzuentwickeln. Oft steht es der Entwicklung sogar entgegen.

Wir brauchen also gute Gefühle wie Sicherheit, Geborgenheit, Liebe. In diesen erfahren wir uns neu. Aber was ist mit Wut, Ärger und Frust. Sollten Sie uns nicht auch voran bringen, sie sind doch extrastark? Das tun sie auch. Allerdings gibt es da einen Haken. Wenn wir inmitten dieser Gefühle erkennen, was sie sinnvoll macht, dann ist es stimmig. Wenn ich wütend bin auf eine Kollegin, die mir ungefragt wieder Aufgaben (die nicht meine sind) auf den Tisch legt, zeigt mir die Wut, dass hier Handeln angesagt ist. Nicht aus der Wut heraus: brüllend „Und wenn du noch einmal kommst und mir…“, sondern überlegt. Wann spreche ich sie an, was ist mir das Wichtigste, usw.
Jetzt der Haken. Oft genug teilen wir die Wut mit anderen (zu Hause, anderen Kollegen aus der eigenen Abteilung oder Freunden). Dann sind wir sie erstmal los. Das eigentliche Ziel der Wut ist allerdings nicht erreicht: Abgrenzung, Offenheit über die eigenen Situation o.ä. Also meldet sie sich wieder… und wieder… und wieder…

Und diese eher schwierigen Gefühle wie Neid, Ohnmacht, Eifersucht, Rückzug, der zu taktischen Ausweichmanövern führt? Das sind die Tricks, wie die Emotionen auf unsere Bedürfnisse aufmerksam machen. Und wenn wir mit den Tricks unsere Beziehungen gestalten (so wie wir es oft ja früh gelernt haben), dann führt das oft zu verzwickten Momente, Themen, etc.

Es lohnt sich also die Gefühle, die wir haben als das zu erkennen und zu erfahren, was sie sind: Helfer beim Finden eines stimmigen Lebens. Mit uns & mit Anderen. Besonders lohnt es sich für unsere Lieben – und das schließt uns selbst mit ein.