Vom Wollen & Nicht-Wollen

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Auf der Spur nachforschen: Vom Wollen und Nicht-Wollen

Darf ich euch mitnehmen in ein kleines Gedanken-Experiment? Was passiert eigentlich wirklich, wenn wir etwas wollen und was, wenn wir etwas nicht wollen.

Ich bin auf der Suche nach dem darunterliegenden Motiv. Denn ich glaube fest daran, dass ganz viele Dinge in unserem Leben, die wir wollen oder eben nicht wollen uns möglicherweise eine Menge Schwierigkeiten bereiten, uns die Energie rauben, andere ärgern, uns ärgern, und und und.

Es wäre mir jetzt zu einfach hier mit einem alltäglichen Beispiel zu beginnen. Ich würde gerne gleich von Anfang an ein wenig in die Tiefe gehen. Möglicherweise stellt das eine kleine Herausforderung für dich dar, oder es ist dir zuviel? Das Risiko gehe ich jetzt ein.

Bevor ich in zu verwirrende Gedanken-Abstraktionen oder eine Vielzahl von wissenschafliche Erkenntnissen eintauche, will ich den spontanen konkreten Weg gehen.
Ein erstes Beispiel, das mir in den Sinn kommt, ist ein historischer und aktueller Kampf zwischen homosexuellen Menschen und denen, die etwas dagegen haben.

Ich denke, es ist relativ leicht zu verstehen, was homosexuelle Menschen wollen, ihre Identität frei entdecken, und leben. Öffentlich. in Ruhe. Viel interessanter scheint es mir, Verhalten von Leuten zu betrachten, die genau das nicht wollten oder wollen. Da gibt es sicher viele Begründungen. Ob es sich hier an dieser Stelle lohnt, diese zu sammeln zu sichten und genauer zu erkunden?

Mutig spare ich mir diesen Schritt.

Also, da möchte jemand etwas abwehren. Das erstmal gar nicht so viel mit ihm unmittelbar zu tun hat oder mit ihr. Warum?

Weil es ein unangenehmes oder negatives Gefühl hervorruft, würde ich zumindest erstmal als Prämisse so annehmen. Welche unangenehmen Gefühle könnten das sein? Ekel, Angst, Scham, oder Schuld? Vielleicht übersehe ich hier etwas anderes, ich will aber erst mal damit beginnen.

Kleiner Exkurs zu diesen Gefühlen.

Ich nehme also an, ich will also nicht mich ekeln. Wovor ekeln wir uns eigentlich und warum ist unser biologisches System so angelegt, das es Ekel empfinden kann? Es ist ein Schutzmechanismus, der mich davor schützt mich mit Krankheiten, verdorbenem Essen, und toxischen Sekreten in Kontakt zu bringen. Aha. Das macht Sinn, ist überlebenswichtig.

Die Scham. Wozu ist sie gut? Im positiven Sinne, kenne ich die sozialen Regeln und kann mich soweit anpassen beziehungsweise schämen, dass ich nicht in eine totale Isolation gerate. Gut, das macht Sinn, wenn die sozialen Regeln für die soziale Gruppe hilfreich sind. Im negativen Sinne schämen wir uns für Dinge, die einfach zum Menschsein dazugehören, gerade dann wenn wichtige Personen oder eine Menge etwas Menschliches entwertet. Interessanter Ansatz. Aber dem nachzugehen überlasse ich dir oder widme mich nochmal später.

Und wie passt die Schuld? Ich fühle mich schuldig, wenn ich gegen einen inneren Wert verstoßen habe. Allerdings muss es mein eigener sein. Oder, wenn mir jemand, den ich schätze oder liebe sagt, welche negativen Folgen mein Tun für sie oder ihn hat. Das scheint mir eine gute Angelegenheit zu sein, so lange bis ich an die Grenzen meines Menschseins gerate. Wenn ich beispielsweise daran Schuld bin, dass jemand anders wütend oder traurig wird, weil ich mich nicht sofort seine Forderung widme (Eltern, Chefs,…). Um so mehr Menschen ich um mich habe, um so mehr Forderungen gibt es auch in meinem Leben. Wenn ich alle sofort und zu Zufriedenheit aller erfüllen würde, würde ich wahrscheinlich noch nicht mal mehr essen oder schlafen, geschweigedenn meine eigenen Bedürfnisse wahrnehmen und dafür Sorge tragen. Bin ich also Schuld, weil mein inneres Wertesystem mir sagt, ich muss für andere da sein? Oder bin ich dann Schuld, wenn andere mit der Zurückweisung ihrer Forderung wütend sind?

Es scheint mir also da ist ein großer Spielraum zwischen dem Bereich, wo diese Gefühle wirklich Sinn machen und dem Bereicht, wo das Getue darum nur Stress und Unsinn erzeugt? Was meinst du?

Gefühle nicht wollen – das ist es also.

Was will ich also nicht, wenn ich Menschen ablehne, die eine andere Identität, eine andere Art des Lebens haben oder wählen, die mir eigentlich keinen unmittelbaren Schaden zufügt?

Ich möchte mich nicht meinen unangenehmen Gefühlen auseinandersetzen. Und es erscheint mir leichter zu sein, den anderen abzuwehren oder sie so lange zu verändern, bis die Gefühle in mir nicht mehr vorhanden sind.

Das ist meine Annahme.

Falls es zutrifft, scheint mir dies ein Energie raubendes Unterfangen zu sein, das Konflikte schürt, Menschen entzweit und womöglich am Ende unmöglich ist.

Wäre es da nicht so viel einfacher, wenn ich mich mit meinen unangenehmen Gefühlen mal tiefer auseinandersetze? Wie sind sie denn dahin geraten… Wovor wollen sie mich schützen… Was würde ich mit meiner Zeit und Energie eigentlich machen, wenn ich diesen Kampf aufgäbe…

Was will ich also nicht? Und warum nicht, also warum wirklich nicht? Möglichweise würden sich diese Gefühle, die ich gegenüber den Dingen oder Menschen hege, sogar auflösen. Besonders dann, wenn sie eigentlich keinen tieferen Sinn machen?

Spannend.